Jahrestagung des ZetBi zum Thema: (Selbst-)Inszenierung, Köln 1.-3.11.2018
Bei diesem Treffen des ZetBi ging es vor allem um Formen der (Selbst-)Inszenierung in biografischen Kontexten in Schrift, Bild, performativen Handlungen u.s.w. Zum Auftakt haben wir uns unter dem Schlagwort inszenierte Verfremdung die ständige Ausstellung des Rautenstrauch-Joest-Museums angesehen. Anschließend präsentierte die Kölner Comic- und Medienwissenschaftlerin Dr. Véronique Sina unter dem Titel Prozesse der (Selbst-)Inszenierung in autobiografischen Comics im Atelier von art-projekt einen kleinen Ausschnitt aus ihrem Habil-Projekt Queering Jewishness – Jewish Queerness. Diskursive Konstruktionen kultureller jüdischer Identität(en) in (audio-)visuellen Medien (https://veronique-sina.de/). Dabei fokussierte Sie die Frage wie kulturelle jüdische Identität(en) im Medium Comic hergestellt und verhandelt werden. Anhand ausgewählter (auto-)biografischer Arbeiten der Underground-Künstler_innen Aline Kominsky Crumb, Harvey Pekar und Art Spiegelman verdeutlichte sie, mit welchen comicspezifischen Mitteln gängige stereotype Vorstellungen von Judentum und ‚Jüdischsein’ (re-)produziert, verstärkt oder in Frage gestellt und verworfen werden. So konnte im Rahmen des Vortrags auf die grundlegende, ‚ursprungslose’ performative Verfasstheit sowohl (populärer) medialer Formen als auch (kultureller) identitärer Strukturen aufmerksam gemacht werden.
Tags darauf lud Nora Probst (Köln) die Teilnehmer_innen zunächst auf einen Rundgang durch die Theaterwissenschaftliche Sammlung (TWS) auf Schloss Wahn ein. Unter dem Schlagwort inszenierte Wissenschaft stellte sie während ihrer Führung durch die Magazinräume den Gründer der Sammlung, Carl Niessen, und seine Sammelstrategie vor. Da Niessen vor seiner Wissenschaftskarriere selbst am Theater als Schauspieler und Regisseur tätig gewesen war, ließen sich anhand seiner Figur unterschiedliche Aspekte des Tagungsthemas auffächern. Im Anschluss stellte Anna Brus (Siegen) unter dem Titel Julius Lips: Eine skalierte Biographie zwischen Weimarer Republik, Exil und DDR Ausschnitte aus ihrem vielversprechenden Dissertationsprojekt vor (http://www.locatingmedia.uni-siegen.de/anna-brus/). Im Kontext der gemeinsamen Lektüre-Diskussionen von Thomas Etzemüllers Aufsatz Ins »Wahre« rücken. Selbstdarstellung im Wissenschaftsbetrieb (2015) wurden die (Selbst-)Inszenierungsstrategien von Niessen und Lips als Universitätsprofessoren erneut reflektiert.
Am Rande des Schwerpunktthemas wurden auch in diesem Jahr wieder eigene Projekte in kleinen Werkstattberichten vorgestellt. So sprach Anne Schülke unter dem Aspekt der Inszenierung von Objekten und Objektbiografien über das Kunstprojekt Associations (https://www.anneschuelke.de/), das unter Verweis auf die Actor-Network-Theory (Latour) dem Eigenleben der Dinge mit künstlerischen Mitteln nachspürt und durch Verfremdungseffekte in Bild und Ton neue Perspektiven auf die Objekte ermöglicht. Ulrike Enke erläuterte in einem reich bebilderten Vortrag über Feine Unterschiede: Alltag bei Familie Behring ihr Biografie-Projekt über Emil von Behring. Nicht zuletzt boten die ungewöhnlichen Tagungsräume (Künstleratelier und Schloss) Anlass zu Gesprächen und Diskussionen über Fragen der (Selbst-)Inszenierung durch räumliche Repräsentanz.